Am 12. Juli 2023 ist Heide Simonis verstorben. Dazu erklärt die Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein und stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli:
„Die gesamte SPD ist in tiefer Trauer über den Verlust unserer wunderbaren Heide, die wie keine Zweite unsere SPD im Norden geprägt hat. Sie war wahrlich eine Lichtgestalt der schleswig-holsteinischen Politik und hinterlässt eine gewaltige Lücke in unseren Herzen. Ihren Wagemut, ihre Standhaftigkeit und ihr unfassbares Talent, Menschen für sich zu gewinnen, werden wir für immer in Erinnerung behalten.
Einst war sie die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Sie hat in herausfordernden Zeiten Verantwortung für unser Land übernommen und wird als erste Ministerpräsidentin in einem deutschen Bundesland für immer in die Geschichtsbücher eingehen. Sie hat Maßstäbe für die Gleichstellung der Frauen gesetzt und die Modernisierung unseres Bundeslands in riesigen Schritten voran gebracht. Das politische Lebenswerk von Heide Simonis ist unerreicht einzigartig.
Das Land Schleswig-Holstein und wir als SPD im Norden haben Heide Simonis unendlich viel zu verdanken. Uns allen wird Heide sehr fehlen. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei ihrem Mann Udo und ihrer Familie.“
Trauerrede von der SPD Landesvorsitzenden Serpil Midyatli in der Petruskirche Kiel am 28. Juli 2023:
Lieber Udo, liebe Familie,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Lieber Björn Engholm,
liebe Trauergemeinde,
für immer Abschied von einem geliebten, einem geschätzten Menschen zu nehmen, ist wohl eines der schwersten Momente im Leben. Uns war bewusst, dass Heide „mit dem Herrn Parkinson noch ein Hühnchen zu rupfen“ habe, wie sie selbst sagte. Doch war es ein Schock, als uns alle am Nachmittag des 12. Juli die Nachricht über ihren Tod erreichte.
Mit ihr verliert Schleswig-Holstein eine seiner herausragendsten Bürgerinnen. Und die SPD verliert eine einzigartige Sozialdemokratin.
Wie Heide gab und gibt es keine Zweite. Sie war ein echtes Unikat. Das macht sie so besonders. Für uns alle. Die große Anteilnahme der letzten Tage im ganzen Land, aus allen Teilen der Republik, über Parteigrenzen hinweg und darüber hinaus zeigt, was für eine Strahlkraft Heide hatte.
Jede und jeder hier hat mit Sicherheit eine ganz persönliche Erinnerung an Heide. Eine Begegnung, eine Begebenheit, ein Moment, eine Geste, die sich im Gedächtnis eingebrannt hat. //
In der SPD läuft man sich ja öfter über den Weg, und so gibt es für mich ganz persönlich sicher einige solcher Momente. Eine für mich ganz besonderer Moment war dabei die gemeinsame Autofahrt zur Bundesversammlung. Heide Simonis, Ralf Stegner, und ich. Lieber Ralf, du wirst dich bestimmt noch erinnern. Ihr beide an meiner Seite: beide mit viel Erfahrung aus zwei Politik-Generationen, habt schon viele Male einen Bundespräsidenten gewählt. Ich, seit kurzem im Landtag, das erste Mal dabei bei einer Bundesversammlung.
Ich war tief beeindruckt von diesen Stunden, die ich nie wieder vergessen werde.
Teils hoch politisch, teils sehr privat, teils entschlossen, teils nachdenklich haben wir die Ereignisse dieser Zeit diskutiert.
Und auch über Gott und die Welt. Wir haben – wie sagt man so schön – gelacht, geweint, haben den Blick zurück gewagt, und – das war Heide immer besonders wichtig – den Blick nach vorn gerichtet.
Diese Wortgewalt, diese Klugheit, diese Empathie; all das, was Heide so sehr ausgemacht hat, habe ich geballt in diesen Stunden erlebt. //
Als Politikerin und Politiker muss man ja meist zwei Mal oder sogar öfter darüber nachdenken, was man öffentlich sagt, wie man sich verhält. Und manche entwickeln darunter eine Rüstung, einen Schutzschild, das nicht selten nur noch wenig von dem preisgibt, was darunterliegt.
Nicht so bei Heide.
Keine Frage, ein so langes Leben in der Öffentlichkeit und vor allem in der Politik macht was mit einem. Das hinterlässt die eine oder andere Kerbe. Und gerade als Frau brauchte man, damals mehr als heute, harte Bandagen, um zu bestehen.
Aber diese „Rüstung“ brauchte sie nicht.
Ihre Rüstung war das große Strahlen, das von ihr ausging. Sie parierte mit Witz, Charme und einer wunderbaren Ironie, und war nicht darum verlegen, auch selbst auszuteilen. //
Sie war eine große Sozialdemokratin, die Verantwortung für unser Land angenommen hat, als es schwierig wurde, auch für die SPD. Diese Verantwortung hat sie nie gescheut. Denn sie hat Politik gemacht, wie sie fest daran geglaubt hat, dass das Land eine große Zukunft haben kann. Und sie hat alles dafür getan, dass es auch so kommt.
Unser Schleswig-Holstein trägt heute ohne Zweifel ihre Handschrift. Sie hat wichtige politische Weichen gestellt, sie hat die Gesellschaft und das Miteinander geprägt.
Sie war keine „steife Regierungschefin“, aber auch keine „Landesmutter“. Sie war ein unverkennbarer Typ mit einem ganz eigenen Stil. Politisch wie persönlich. Sie passte in keine Schublade. Auch nicht in die, in die andere versucht haben sie hinein zu stecken.
Sie war oft eine der ersten. Im höchsten Regierungsamt „die“ Erste. Was das bedeutet, die Erste sein zu müssen, will man sich heutzutage als Frau gar nicht vorstellen. Bis heute bleibt es nie leicht für Frauen – gerade in der Politik.
Sie steht damit in einer Reihe vieler großer Frauen, die die Ersten waren. Ob es die ersten Frauen in einem deutschen Parlament waren, ob es die „Mütter des Grundgesetzes“ waren, die ersten Frauen in Regierungsämtern.
Aber Heide hat, wie alle „ersten Frauen“, immer dafür kämpfen müssen. Und das aus vollster Überzeugung.
Sie selbst hat 2003 geschrieben: „Man musste, gerade als Frau – und das gilt auch heute noch -, sehr kompetent sein, nicht nur gut informiert, sondern auch sachlich überzeugend argumentieren können. Vor allem aber muss frau zäh sein und einiges einstecken können. Wer zu zart besaitet ist, hält es in der Politik nicht lange aus.“
Sie war, wie sie selbst sagte, „das einzige Exemplar ihrer Gattung“ in der Politik. Was sogar dazu führte, dass sie für die Bundestagswahl 1998 von den Medien ins Spiel um die Kanzlerkandidatur gebracht wurde. Eine vielleicht besondere Eigenart in den Debatten dieser Zeit.
In all dem war sie und bleibt sie bis heute vor allem eins: ein Vorbild. Vorbild Für viele Frauen in der Politik, Vorbild in Führungspositionen, Vorbild in der Gesellschaft.
Wegbegleiter gab es viele. Sie aber war eine Wegbereiterin.
Viele Wege von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Politik sind durch sie ganz besonders geprägt, so auch meiner.
Sie hat 2018, zu ihrem 75. Geburtstag von dir, lieber Ralf, die Willy-Brandt-Medaille verliehen bekommen. Das ist die höchste Auszeichnung der Deutschen Sozialdemokratie.
Sie hat Geschichte geschrieben. Für Schleswig-Holstein. Und für ihre SPD.
Sie wird auf immer mit der großen Geschichte der Sozialdemokratie verbunden sein, sie hat – wie sonst nur wenige – ein ganz eigenes Kapitel hinzugefügt.
Sie wird immer „unsere Heide“ bleiben. Wir werden sie für immer und ewig in unseren Herzen tragen.
Hier unten findet ihr und finden Sie Platz ein paar Worte zum Gedenken an Heide zu hinterlassen: